30.04.2020
Warum kleinere Büros und staatlich geförderte Innovationsarbeit helfen, die Digitalisierungschancen nach Corona in Europa besser umzusetzen, erklärt unser msg Plaut AG Vorstand Georg Krause.
Wie lange hätte es vor drei Monaten gebraucht die Schulen auf Distance Learning umzustellen? Wie groß waren die Anstrengungen österreichischer Produzenten, Landwirte und Händler in ihre Online-Präsenz? Wie verbreitet war die Telemedizin im Gesundheitswesen? Sie kennen die Antworten, und wissen was in der Zwischenzeit passiert ist: Durch die Coronakrise hat sich der Fokus radikal verändert, viele Unternehmen wurden gezwungen, ihrer Aktivitäten in die digitale Welt zu verlegen – und sie gehen dabei neue, oft sehr kreative Wege.
Turbo für den Online-Handel
In Österreich wurden zuletzt nur sieben Prozent der KMU-Umsätze im Online Handel erzielt: Österreich gehört hier zu den Schlusslichtern in der EU. Nun gibt es ganze Reihe österreichische Plattformen, einen Überblick bietet der von der Regierung eingerichtete Online-Marktplatz für heimische Produkte.
Manche Unternehmen haben aber auch ganz neue Wege der berührungslosen Vermarktung entdeckt und Click & Collect-Angebote entwickelt, bei denen beispielsweise Blumenhändler Waren auf Bestellung vorbereiten und an einem vereinbarten Platz zur Abholung bereit stellen.
Home-Office von 10 auf 100
Gute zehn Prozent der Angestellten in Österreich arbeiteten zuletzt von zuhause aus. Mit Ausbruch der Krise waren Unternehmen massiv gefordert, die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen für Heimarbeit zu schaffen. Besprechungen wurden mit Video- und Telefonkonferenzen in kürzester Zeit in die digitale Welt verlegt. Vom Gespräch mit dem Bankberater bis hin zum Sporttraining wurden neue Einsatzmöglichkeiten genutzt.
Online Learning: vom Stiefkind zum Liebkind
Binnen kürzester Zeit war eine wahre Flut an Online-Ausbildungsangeboten im Internet verfügbar geworden. Trainings, Konferenzen, ja sogar Messen werden als Formate ausgetestet. So wird beispielsweise die Data Governance Konferenz der ADV im April vollständig als digitale Konferenz durchgeführt, und mit innovativen Ansätzen versuchen die Veranstalter auch das Networking nachzubilden.
Digitale Verwaltung: vom One-Stop zum No-Touch
Als die Ämter sperren mussten, hat sich plötzlich die Bedeutung der in den letzten Jahren vorangetriebenen Digitalisierung der Verwaltung gezeigt. Durch oesterreich.gv.at (für Bürger) und das Unternehmensserviceportal (für Unternehmen) war es weiter möglich, einen Großteil der Amtsgeschäfte abzuwickeln. Das Ziel einer One-Stop-Verwaltung muss nunmehr um das Ziel der No-Touch-Verwaltung erweitert werden. Unternehmen sollen Verwaltungstransaktionen direkt in ihre Geschäftsprozese integrieren können, damit beispielsweise Banken und Versicherungen über Hauptwohnsitzänderungen automatisch verständigt werden oder die Vorlage des Führerscheines bei der Vorbestellung eines Leihwagens online erfolgen kann.
Der digitale Schub, der in den letzten Wochen durch die Coronakrise ausgelöst wurde, beschleunigt in allen Bereichen die digitale Entwicklung. Nun stellt sich die Frage, wie diese positive Dynamik aufrecht erhalten werden kann. Zwei Dinge sind notwendig:
- Größere Wohnungen, kleinere Büros. Ein aktuelle Umfrage legt nahe, dass zwei Drittel (!) aller Beschäftigten nach der Coronakrise nicht mehr dauerhaft im Büro arbeiten wollen. Hier sind zukünftig sowohl die Unternehmen hinsichtlich Ausbildung, Infrastruktur, Organisation, etc. gefordert, als auch der Gesetzgeber, der dafür einen arbeitsrechtlichen Rahmen und die Infrastrukturvoraussetzungen (Telekommunikation etc.) schaffen muss.
- Konsequente Innovationsarbeit. In den letzten Wochen wurde ein wahres Feuerwerk an innovativen Ideen abgebrannt. Die Not hat erfinderisch gemacht. Dieser Weg muss konsequent fortgesetzt werden. Neben Unternehmen ist die Regierung gefordert, etwa durch Regulatory Sandboxes (rechtliche „Spielwiesen“, auf denen innovative Lösungen im realen Umfeld getestet werden können) und Digitale Hubs geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen.
Wie wichtig die letzten Wochen für unseren zukünftigen Digitalisierungserfolg sind, hat der Präsident des deutschen Digitalverbandes Bitkom Achim Berg kürzlich in einer Ansprache zum Ausdruck gebracht: „Die Coronakrise hat uns die Bedeutung digitaler Technologien für Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft sehr klar vor Augen geführt. Die Krise ist ein Weckruf, die Digitalisierung nun massiv voranzutreiben“.